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Darmstädter Echo vom 28.11.2016

Darmstädter Echo vom 28.11.2016

Mit Wissen und Witz im Einsatz für die Frau

LUISE-BÜCHNER-PREIS 2016

Foto: Guido Schick, Darmstädter Echo

Die Sprachwissenschaftlerin Luise F. Pusch erhält die Auszeichnung im Darmstädter Literaturhaus

DARMSTADT. Gute Glossen sind hartes schreiberisches Brot: Kurz sollen sie sein, und dabei präzise Dinge ansprechen, die meist gar nicht lustig sind. Aber Glossen sollen auch so hintersinnig-humorvoll sein, dass ihre Kritik sich via Lächeln ins Denken schleicht.

Wissenschaftliches Schreiben verfolgt andere Ziele. Darin wird Forschung in Fachsprachen dargestellt, die sich vor allem Eingeweihten öffnen. Bei der gestrigen Verleihung des Luise-Büchner-Preises für Publizistik im Darmstädter Kennedy-Haus bewies die aktuelle Preisträgerin Luise F. Pusch mit ihrer Dankesrede, wie gut sie beides beherrscht: Sprachwitz und wissenschaftliche Präzision.

Ein wohltuendes Doppel im Einsatz für die Sache der Frau. Denn gerade im ablaufenden Jahr gab es hier - beispielsweise mit der Wahl des frauen-diffamierenden neuen US-Präsidenten Donald Trump - mehr Rückschläge als Fortkommen. Darauf wiesen Agnes Schmidt, Vorsitzende der Darmstädter Luise-Büchner-Gesellschaft, die den Preis vergibt, und Dagmar Brodersen vom Darmstädter Lions Club Louise Büchner hin, der das Preisgeld von 2500 Euro stiftet. Die Bedeutung der Sprache für das kulturelle Gedächtnis und im Kampf um Deutungsmacht hoben in Grußworten aber auch Darmstadts Oberbürgermeister Jochen Partsch und Johannes Breckner, Leiter der Feuilleton-Redaktion des Darmstädter Echo, hervor.

Luise F. Puschs Laudatorin, die Musikwissenschaftlerin Eva Rieger, erinnerte daran, dass nicht nur der Vorname die Ausgezeichnete von heute mit Luise Büchner (1821-1877) verbindet, sondern ebenso der Einsatz für die Sache der Frau und der Humor. Denn da sei einerseits die habilitierte Sprachwissenschaftlerin Pusch. Sie kämpfe mit ihren Studien seit den siebziger Jahren gegen "Das Deutsche als Männersprache" (so der Titel eines 140 000 Mal verkauften Pusch-Buches) - und habe zu einer Änderung des Sprachgebrauchs beigetragen.

"Intelligente Ironie und schwarzer Humor"

Mit dem Anlegen der riesigen Datenbank "Bedeutende Frauen" leiste sie dazu wichtige Erinnerungsarbeit.

Da sei aber eben auch die glänzende Schreiberin und Rednerin Luise F. Pusch. Diesseits der Wissenschaft könne diese mit "intelligenter Ironie und schwarzem Humor" Vortragssäle füllen, so Eva Rieger. Oder eben bissige Glossen schreiben wie jene, die Pusch gestern vortrug. Darin beschäftigt sie sich mit dem ja ebenfalls in Darmstadt vergebenen Georg-Büchner-Preis der Akademie "für Männersprache und Männerdichtung". Diesen haben neun Mal mehr Männer als Frauen erhalten- weswegen Pusch in ihrem Text fragt: "Schreiben hierzulande Männer wirklich neun Mal so gut wie Frauen?"

Dazu verlas sie all die Namen deutschsprachiger Schriftstellerinnen, die des Georg-Büchner-Preises ihrer Ansicht nach würdig gewesen wären. Ihre Anregung, um hier Ausgleich zu schaffen: "Beide Darmstädter Büchner-Preise vereinen und dann im Reissverschlussverfahren männlich/weiblich vergeben - rückwirkend. Dann fehlen noch 47 Frauen, bis wieder ein Mann dran ist."

von Annette Krämer-Alig

Redakteurin Kultur und Gesellschaft

Darmstädter Echo